STWEG-Eigentümer/innen: Ein kurzes FAQ

Das Stockwerkeigentum ist eine zunehmend beliebtere Form des Wohnens. Dabei stehen die eigenen vier Wände in einer besonderen Wechselwirkung zum Eigentum der Nachbarn oder der Allgemeinheit. In diesem Blog geben wir Ihnen Antworten auf die häufigsten Fragen zu dieser Eigentumsform.

Die relevanten Eigentumsformen

Strenggenommen gibt es kein Alleineigentum im Stockwerkbereich – nicht einmal an der eigenen Wohnung. Der Stockwerkeigentümer besitzt vielmehr Anteile an der gesamten Liegenschaft. Diese Miteigentumsrechte werden in der Regel in Form von Wertquoten festgelegt. An der Wohnung selbst sowie an räumlich abgeschlossenen und ihm zugewiesenen Teilen (bspw. Kellern, Estrich, Reduit) besitzt der Stockwerkeigentümer allerdings ein Sonderrecht. Im Sonderrecht kann der Stockwerkeigentümer frei entscheiden, ob er Veränderungen, Umbauten oder Sanierungen der Gebäudebestandteile vornehmen möchte.

Demgegenüber bezieht sich das Sondernutzungsrecht grundsätzlich auf gemeinschaftliche und nicht abgeschlossen Teile, die einem Stockwerkeigentümer aber zur ausschliesslichen Benutzung überlassen werden. Typische Beispiele hierfür sind Gärten, Dachterrassen oder Parkplätze. Im Sondernutzungsrecht geniesst der Stockwerkeigentümer die exklusive Nutzung eines Gebäudeteils, kann diesen aber nicht abändern, ohne die vorgängige Zustimmung der anderen Stockwerkeigentümer. In der Praxis besteht in dieser Genehmigungspflicht auch der wesentlichste Unterschied zwischen Sonderrecht und Sondernutzungsrecht.

Insbesondere das Sondernutzungsrecht gibt zuweilen Anlass für Diskussionen, da es gesetzlich nur bedingt geregelt ist und sich viele Detailfragen erst aus der konkreten Nutzung heraus ergeben. Hier ist es entscheidend über das Nutzungs- und Verwaltungsreglement klare Verhältnisse zu schaffen und bei Bedarf spezifische Anpassungen des Reglements vorzunehmen.

Die Autoeinstellhalle stellt einen Sonderfall des gemeinschaftlichen Eigentums dar. Bei der „klassischen“ Einstellhalle sind die verschiedenen Parkplätze in der Regel lediglich auf dem Boden eingezeichnet. Sie erfüllen damit nicht das Kriterium der Abgeschlossenheit und sind somit nicht sonderrechtsfähig. In Lehre und Praxis werden derartige Parkplätze dem Sondernutzungsrecht zugewiesen. Im Endeffekt ergibt sich somit eine Situation, wo alle Stockwerkeigentümer entweder Miteigentum an den gemeinschaftlichen Teilen besitzen (bspw. Rampen, Garagentor, Grundkonstruktion) oder Sondernutzungsrecht an den eigenen Parkplätzen. In diesem Zusammenhang wird oftmals von der MEG, also der Miteigentümergemeinschaft, gesprochen. Eine Ausnahme stellen hier die Garagenboxen dar, die, je nach Ausgestaltung, als Sonderrecht qualifiziert werden können.

Für die Praxis heisst dies vor allem, dass sämtliche Änderungen oder baulichen Massnahmen an der Einstellhalle durch die Miteigentümer genehmigt werden müssen. Dies gilt auch für die Montage von Elektroladestationen, Reifenkasten oder die Bemalung von Parkfeldern. Es müssen hierfür formelle Anträge an die MEG gestellt werden. Es ist jeder MEG offen, im Rahmen der Nutzungs- und Verwaltungsreglements bestimmte Änderungen an der Einstellhalle ohne Genehmigungspflicht zu versehen oder einen Ausschuss zu benennen, der im Interesse der gesamten MEG entsprechende Anträge im kleineren Gremium prüft.

Die gemeinschaftlichen Teile bezieht sich auf alle Gebäudebestandteile und Anlagen, die einer gemeinsamen Zwecknutzung dienen (vrgl. Art 712b ZGB). Zu den wesentlichsten gemeinschaftlichen Teilen zählen:

Elementare Gebäudeteile

  • Fundament
  • Tragende Mauern sowie Stütz- und Umfassungsmauern
  • Tragende Decken sowie die gesamte Dachkonstruktion
  • Grundkonstruktion Autoeinstellhalle

Betriebsanlagen

  • Heizungs-, Klima- und Belüftungsanlagen
  • Lifte und Transportanlagen
  • Versorgungs- und Entsorgungsleitungen (Wasser, Strom, Internet)
  • Treppenhaus und Eigangsbereich
  • Kamine
  • Waschküche, Trocknungsräume und Gemeinschaftsräume aller Art
  • Gemeinschaftliche Funk- oder Antennenanlagen

Gebäudeteile des äusseren Erscheinungsbildes

  • Fassade und Aussenputz
  • Fenster
  • Rollläden
  • Terassenform und Brüstungen
  • Sonnenstoren

In der Praxis zeigen sich vor allem bei den Gebäudeteilen des äusseren Erscheinungsbildes zuweilen Missverständnisse. Insbesondere bei der Gestaltung von Terrassen und Loggien mit Überdachungen, Wintergärten und ähnlichem ist vielen Eigentümern nicht bewusst, dass derartige Veränderungen des Erscheinungsbildes immer genehmigungspflichtig sind. Es ist generell nicht zulässig einsehbare und fest mit Boden oder Mauerwerk verbundene Installationen zu errichten, ohne ein vorgängige Bestätigung durch die Stockwerkeigentümergemeinschaft.

Die Wertquote ist im Prinzip eine „Masseinheit“ für den Eigentumsanteil an der Liegenschaft. Die Wertquote ist vor allem massgeblich für die Stimmrechte und den Kostenverteilschlüssel. Die Wertquote bemisst sich im Wohnbereich in der Regel als Prozent oder Bruch von 1’000.00 Einheiten. Demnach hätte beispielsweise eine Wertquote von 250/1’000 einen Eigentumsanteil von 25% an der Liegenschaft.

Die Wertquote setzt sich meist aus quantitativen und qualitativen Merkmalen zusammen. Der mit Abstand wichtigste Faktor ist die Quadratmeterzahl. Wohnungen mit mehr Quadratmetern erhalten entsprechend auch eine höhere Wertquote zugewiesen. Häufig werden die Quadratmeter anhand der sogennanten Nettowohnraumfläche (NWF) bemessen. Zuzüglich zu dieser quantitativen Komponente kommen noch qualitative Elemente wie etwa Besonnung, Aussicht, Exposition, Flächeneffizienz oder Ausbau hinzu. Daraus errechnet sich dann die anteilsmässige Wertquote.

Generell gilt: Die höhere Wertquote bringt mehr Gewicht bei Beschlüssen (Stimmrecht), aber auch mehr Kostenübernahme bei den gemeinschaftlichen Betriebskosten. Die Wertquote wird im Zuge des Begründungsakts festgelegt und öffentlich beurkundet. Es ist möglich Wertquoten auch im Nachgang zu abzuändern. Dafür braucht es aber Einstimmigkeit unter allen Stockwerkeigentümern und eine grundbuchamtliche Rechtshandlung.

Eigene Bauvorhaben im Stockwerkeigentum

Bei Bauvorhaben auf der Terrasse oder im Garten sind, wie bei allen privaten Bauvorhaben im Stockwerkeigentum, die gesetzlichen und reglementarischen Voraussetzungen zu überprüfen. So tangieren etwa Wintergärten, Überdachungen oder Brüstungen je nach Dimensionierung das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes und sind somit genehmigungspflichtig. Auch die Erweiterung der Gartenplatten, das Anpflanzen neuer Bäume oder der Gartenteich sind in aller Regel genehmigungspflichtig.

Eigentümer, welche ein Bauvorhaben umsetzen möchten, sollte daher zuerst das Nutzungs- und Verwaltungsreglement konsultieren und die Verwaltung um eine Beurteilung Ihres Anliegens bitten. Wenn das Bauvorhaben genehmigungspflichtig ist, so kann die Verwaltung auf Antrag der Eigentümer entweder einen Zirkularbeschluss zum Bauvorhaben durchführen oder eine Versammlung einberufen.

Die Praxis zeigt, dass dieser Prozess frühzeitig angestossen werden sollte. Auf keinen Fall sollten Sie ohne Genehmigung der Stockwerkeigentümergemeinschaft Bauprojekte umsetzen, da Sie ansonsten zum Rückbau auf eigene Kosten gezwungen werden können.

Das hängt ab von konkreten Bauprojekt, das Sie angehen möchten. Als genereller Orientierungspunkt gilt:

Innenausbauten: Sind in der Regel nicht baubewilligungspflichtig, sofern sie sich nur auf das Sonderrecht (innere Bereiche der Wohnung) beziehen und keine Auflagen aus dem Nutzungs- und Verwaltungsreglement verletzen. Typischerweise gehören hierzu: Umbau Bad, Umbau Küche, Erneuerung Bodenbeläge, Öffnen/Schliessen von nicht-traggenden Wänden, Abänderung der Wand- und Deckenverkleidungen. 

Aussenbauten: Wenn es sich bei den Aussenbauten um kleine und nicht dauerhaft mit dem Boden verbundene Gebäudeteile handelt, sind diese in der Regel nicht baubewilligungspflichtig. Sie können aber sehr wohl genehmigungspflichtig sein innerhalb der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Parabol-Antenne unter 60cm Durchmesser. Für alle dauerhaft mit dem Boden oder der Fassade verbundenen, grösseren Gebäudeteile ist üblicherweise eine Baubewilligung nötig – nebst der Genehmigung durch die Gemeinschaft.

Eine Baubewillung ist grundsätzlich bei Bauamt oder der Baufachstelle Ihrer Gemeinde einzureichen. In der Regel können Sie die Antragsformulare online runterladen und entsprechend ausfüllen. Es bietet sich an, dies durch die von Ihnen beauftragten Handwerker erledigen zu lassen, welche alle technischen Angaben und Pläne gleich bereitstellen können.

Da es sich im Stockwerkeigentum meistens um kleinere Bauvorhaben handelt, kann auch eine Baubewilligung im vereinfachten Verfahren beantragt werden. Das vereinfachte Verfahren kommt zur Anwendung, wenn keine wesentlichen öffentlichen oder privaten Interessen tangiert werden. Klären Sie am besten die Voraussetzungen kurz mit dem zuständigen Bauamt ab.

Dem Baubewilligungsantrag ist üblicherweise ein Dokument beizulegen, dass die „Zustimmung“ der anderen Stockwerkeigentümer zum Bauprojekt bezeugt. Das können entweder Versammlungsprotokolle sein, durch die Stockwerkeigentümer unterzeichnete Baupläne oder ein Bestätigungsschreiben sein. In der Praxis hat sich das Besätigungsschreiben als die schnellste und pragmatischtes Variante etabliert. Auf Basis der Pläne und Projektvorgaben wird eine Schreiben aufgesetzt, dass alle Stockwerkeigentümer unterschreiben können. Dies lässt sich bequem mit einem abendlichen Nachbarschaftsbesuch erledigen.

Nebst Angebotsvergleichen und sorgfältiger Auswahl der zu beauftragenden Handwerker, erscheint uns insbesondere die Vereinbarung der werkvertraglichen Rahmenbedingungen als entscheidend. In der Schweiz hat sich hierzu vor allem die SIA-Normen 118 etabliert. Sie stellen ein umfassendes Vertragswerk dar, dass in der Baubranche weitverbreitet ist. Stockwerkeigentümer sollten alle Ihre Bauaufträge mit der SIA-Norm 118 vereinbaren.

Aus den zahlreichen Bestimmungen der SIA-Norm 118 sind für die Stockwerkeigentümer die Baumängelrechte wohl am wesentlichsten und am wichtigsten zu verstehen. Die SIA-Norm 118 erlaubt es einem Auftraggeber Mängel an einem Bauwerk während zwei Jahren ab der Abnahme jederzeit zu rügen. Es obliegt innerhalb dieser zweijährigen Frist dem Unternehmer nachzuweisen, dass kein Baumangel vorhanden ist. Dies stellt vor allem für baufachunkundige Personen einen wichtigen Mehrwert dar. Ohne die SIA-Norm 118 gelten nämlich die regulären Bestimmungen des Obligationenrechts, welche eine unverzügliche Mängelrüge bedingen und die Beweislast der rügenden Person zuweisen.

Garantieabnahmen

Bauwerke müssen bestimmte qualitative und quantitative Eigenschaften erfüllen, auf die Handwerker – je nach Werk – eine Garantie für Ihre Arbeiten abgeben. Typischerweise werden bei Bauwerken zwei Arten von Garantien unterschieden:

Zweijährige Garantie: Diese Garantie wird von den Handwerkern für sogenannte „offene Mängel“ eingeräumt, also Mängel die bei sachgemässer Überprüfung des Bauwerks offensichtlich sind. Während zwei Jahren können Mängel jederzeit gerügt werden. Dies setzt im Grundsatz die Werkausführung nach SIA-Norm 118 voraus. Diese wird aber bei allen professionell geführten Bauentwicklungen vereinbart.

Fünfjährige Garantie: Diese Garantie wird von den Handwerkern für sogenannte „verdeckte Mängel“ eingeräumt, also Mängel, welche nicht offensichtlich waren im Zeitpunkt der Abnahme, aber im Verlauf der Zeit durch Gebrauch und Abnützung zum Vorschein gekommen sind. Die Garantiefrist für verdeckte Mängel beträgt fünf Jahre.

Als Garantieabnahme wird umgangssprachlich der Zeitpunkt bezeichnet, wo Eigentümer, Bauherrschaft und Handwerker „zusammenkommen“, um allfällige Mängel am Werk festzuhalten und für die Ausbesserung vorzumerken. Es ist aber nicht mit der „Erstabnahme“ eines Werks zu verwechseln.

Bei der eigenen Wohnung ist es der Stockwerkeigentümer selbst. Er muss gemeinsam mit der Bauherrschaft die ordnungsgemässe Ausführung der Arbeiten überprüfen. Es bietet sich hierbei an, einen Bausachverständigen beizuziehen. Grundsätzlich treffen Stockwerkeigentümer und Bauherrschaft zweimal zu diesem Zweck zusammen. Zum ersten Mal beim Erstbezug der Wohnung und zum zweiten Mal bei der zweijährigen Garantieabnahme. Stellen Sie beiden Terminen zwingend sicher, dass ein Protokoll zu den besprochenen Punkten erstellt wird und Sie alle Ihre Mängel-Beobachtungen mit Foto oder Video dokumentieren. Die Praxis zeigt leider immer wieder, dass ohne klare Beweise man meistens Mängelrechte nicht durchsetzen kann.

Die gemeinschaftlichen Räume sowie die Umgebung werden in der Regel durch die Bauherrschaft, die Verwaltung und/oder einen Ausschuss der Stockwerkeigentümer abgenommen. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann auch die Abnahme der Gemeinschaftsräume und Aussengewerke vollständig an die Verwaltung delegieren. Diesfalls ist aber auch sicherzustellen, dass Mängel-Beobachtungen korrekt protokolliert und dokumentiert werden.

Immobilien-Bewirtschaftung

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Moritz Falck MRICS

m.falck@falck.swiss

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