Halten wie bisher oder weiterentwickeln?
Man spürt es allmählich als Liegenschaftseigentümer, die Kosten steigen. Sei dies bei den Handwerkern, den Dienstleistern, der Bank oder den Baupreisen. Gleichzeitig liegt auch bei der Bewertung der Liegenschaft nicht mehr jeder Preis drin – ob Verkauf oder Refinanzierung. Hat dies Auswirkungen auf die eigene Immobilienstrategie? Unsere Insight-Ausgabe unterbreitet Ihnen hierzu ein paar Gedanken.
Eine neue Kostenwelt
Wenn man den gesamten Immobilienmarkt betrachtet, so stellt man fest, dass in fast allen Bereichen ein Kostenruck stattgefunden hat. Selbst bei den ansonsten eher vernachlässigten Kostenpunkten wie etwa der Anlagenwartung oder der Vermarktung auf Online-Plattformen ist ein deutlicher Kostensprung bemerkbar. Symptomatisch für diese Entwicklung sind zwei Schlüsselereignisse, und zwar einerseits der Inflationsschub gegen Ende der Corona-Pandemie und andererseits die global einsetzende Zinswende. Ersteres ist vor allem das Resultat der extrem lockeren Geldpolitik während der Pandemie-Zeit sowie der gestörten Lieferketten aus Asien, letzteres eine Mischreaktion aus Zinsnormalisierung und akuter Inflationsbekämpfung. Für vieles stiegen die Kosten plötzlich zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt. Zahlreiche Unternehmen haben nicht nur diese Mehrkosten weitergegeben, sondern die Entwicklung auch gleich zum Anlass genommen, um die eigenen Gewinnmargen auszuweiten. Dieser Effekt wirkte sich mit der Zeit kumulativ aus.
Zwar wurden die Spitzen dieser Kostenspirale zwischenzeitlich gebrochen und die Inflation etwas reduziert, aber das allgemein gestiegene Kostenniveau hält sich hartnäckig. Gerade im Immobilienbereich stechen einige Kostenpunkte besonders hervor:
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Hypotheken
+ 185% im schweizweiten Durchschnitt seit Juni 2022 -
Strompreise
+ 27% im schweizweiten Durchschnitt seit 2022 -
Baupreise
+ 8.3% im Jahr 2022
Mögliche Auswirkungen auf die Immobilieninvestitionen
Höhere Kosten beeinflussen Immobilien auf zwei Arten. Der höhere Kostenblock schmälert den Nettoertrag aus der Immobilie und die angehobene Zinslage drückt deren Wert. Aus Sicht eines Total Returns «erleidet» der Liegenschaftseigentümer also sowohl eine Verringerung der Liquidität (cash) als auch der Wertsteigerungsrendite (asset value). Wer im Wohnbereich investiert ist, wird mit dem gestiegenen Referenzzinssatz zwar Kosten über höhere Mieten weitergeben können. Diese Anpassung alleine wird aber die höheren Kosten nicht vollständig kompensieren. Wie sollte man nun mit dem Kosten-Thema umgehen? Aus unserer Sicht gibt es hierzu keine allgemeingültige Antwort. Wesentlich erscheinen uns vor allem die Aspekte Art, Lage und Lebenszyklus einer Immobilie.
Wer im Wohnbereich investiert ist, profitiert von der ungebrochen hohen Nachfrage. Das Bevölkerungswachstum ist nach wie vor stabil und das Angebot neuer Wohnungen aufgrund von Regulierung und verfügbarem Bauland sehr knapp. Im Gewerbe- und Bürobereich sieht das hingegen anders aus. Was im Erdgeschoss vermietet wird und Non-Food ist, wird weiter unter Druck geraten. Einzige Ausnahme bilden hier die Spitzenlagen in den Städten. Ab dem 1. Obergeschoss aufwärts spielt der Flächenmix eine entscheidende Rolle. Wer besonders grosse oder besonders kleine Flächen hat, die zudem schlecht modellierbar sind, wird es wohl schwieriger haben, passende Mieter zu finden. Kleinstbetriebe, sofern sie nicht regelmässige Laufkundschaft haben, wählen immer häufiger Co-Working Spaces oder geteilte Büroräume, um ihre Fixkosten zu optimieren. Grossbetriebe haben mit der hybriden Arbeitswelt ihren «standardmässigen» Flächenbedarf deutlich und dauerhaft reduziert. Somit ist gerade beim Flächenmix im Büro- und Gewerbebereich Kreativität gefordert.
Wie das alte Immobiliensprichwort vorgibt: Lage, Lage, Lage. Ein wichtigstes Merkmal der «guten» Lage ist sicherlich die Zentralität. Die Verstädterung der Gesellschaft nimmt weiter zu, auch wenn Home-Office einige Pendlerorte hat aufleben lassen. Entsprechend sind urbane Ballungszentren auch bei steigenden Immobilienkosten nach wie vor attraktiv. Aufgrund des hohen Nachfrageüberhangs bildet dieser Markt die Mietpreissteigerungen schneller und umfassender ab. Die Kosten hinken dort den Mietpreissteigerungen meist hinterher. In den peripheren Lagen ist die Dynamik anders. Hier stellt sich für den Liegenschaftseigentümer vor allem die Frage nach Optimierungen. Im Vordergrund stehen etwa die Überprüfung allfälliger Ausnützungsreserven oder die Anpassung des Flächenmixes (Art, Grösse und Qualität der vermieteten Flächen). Beim Flächenmix ist dabei nicht massgeblich, ob gross oder klein, saniert oder alt, sondern, ob das Vermietungsprodukt lokal gefragt ist. Auch günstige Wohnungen, wo wenig investiert wird, können sehr gut rentieren, wenn dies einer lokalen Nachfrage entspricht. Problematisch ist es, wenn die Immobilie aus dem Markt «fällt». Zum Beispiel wenn der lokale Markt sich durch Erneuerungen im Immobilienbestand aufwertet und die eigene (alte) Liegenschaft vom Radar verschwindet. Das kann unangenehm werden, da steigende Immobilienkosten dann plötzlich mit steigenden Leerständen gekoppelt sind – ein gefährlicher Doppelschlag.
Letztlich hängen viele Entscheidungen vom Lebenszyklus der Liegenschaft ab sowie vom individuellen Anlagehorizont der Eigentümer. Steht eine Liegenschaft aufgrund ihres Alters vor einer grosszyklischen Erneuerung, gilt es abzuwägen. Wenn man gleichzeitig am Ende des Anlagehorizonts steht, dann empfiehlt sich in vielen Fällen wohl der Verkauf oder die Schenkung an Nachkommen. Man macht reinen Tisch mit dem Investment und kann die Wertsteigerung einkassieren. Wenn man noch länger anlegen möchte, gilt es die sich darbietenden Szenarien sauber durchzurechnen. Entweder nimmt man nur das Nötigste an die Hand, spart dadurch auf der Kostenseite, holt aber zugleich auf der Ertragsseite nicht mehr rein. Oder man beschliesst eine umfassende und teurere Erneuerung, die aber auch höheres Mietpotenzial abschöpfen lässt. Eine Daumenregel gibt es auch hierfür nicht, man muss den individuellen Fall anschauen. In einem Umfeld dauerhaft erhöhter Immobilienkosten kann es sich aber tendenziell lohnen, umfassendere Erneuerungen zu erwägen. Reine Ersatzarbeiten führen oftmals wieder auf Feld eins zurück, da man für die Ersatzarbeiten mehr bezahlen muss als früher und gleichzeitig in allen anderen Bereichen noch immer die höheren Immobilienkosten vorfindet.
Dieser wichtige Aspekt lässt sich anhand des nachstehenden Beispiels kurz und intuitiv erläutern. Wir nehmen an, dass eine Immobilie während 10 Jahren zweimal eine grössere Ersatzarbeit benötigt. Die Mieteinnahmen im Jahr 1 betragen CHF 150 000.00, die laufenden Kosten sind CHF 45 000.00. Um eine gewisse Marktdynamik abzubilden, nehmen wir an, dass Mieten und Kosten jährlich leicht ansteigen. In den Jahren 1 bis 5 spart der Liegenschaftseigentümer ein Vermögen an aus der Differenz (grau dargestellt) zwischen Mieteinnahmen und laufenden Kosten. Wenn wir einmal Gewinnbezüge weglassen, stellt dieses Vermögen vor allem eine Rückstellung für die Ersatzarbeiten alle fünf Jahre dar.
Fazit
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Moritz Falck MRICS